WIFI & WATERCOLORS

Curated by Xenia Lesniweski

SARAH BOGNER, MIKE BOUCHET, VALIE EXPORT, JOJO GRONOSTAY, NSCHOTSCHI HASLINGER, ELKE SILVIA KRYSTUFEK, XENIA LESNIEWSKI, ANGELIKA LODERER, LAZAR LYUTAKOV, MICHÈLE PAGEL, GUNTER RESKI, MARUSA SAGADIN, CHARLOTTE THRANE, JULIAN TURNER, KAY WALKOWIAK

January 22 – March 15, 2025

 
 

Wi-Fi and Watercolors

Unser Alltag ist ein Geflecht aus Routinen und Ritualen, eine unsichtbare Struktur, die unser Leben zusammenhält – und erst spürbar wird, wenn wir sie durchbrechen. Doch Alltag ist weit mehr als ein Set von Gewohnheiten: Er ist ein politischer, poetischer und gestaltender Raum.

An diesen Gedanken anknüpfend ist das Gewöhnliche nicht als bloße Selbstverständlichkeit zu sehen, sondern als ästhetischer und kultureller Resonanzraum. Die Objekte, die unseren Wohnraum füllen, die Gesten und Muster, die unseren Tag strukturieren, sind weit mehr als nur funktionale Notwendigkeiten. Sie tragen Schichten von Bedeutungen in sich, die tief in gesellschaftliche, kulturelle und politische Strukturen verwoben sind.

Wände, Türgriffe, Scheren oder zerknittertes Bettzeug – diese Dinge unseres alltäglichen Seins sind der Ursprung für eine ästhetische und diskursive Erkundung, die über das Offensichtliche hinausgeht. Die Werke verweisen auf die unsichtbaren Dynamiken, die unsere Beziehungen zu Objekten und Räumen prägen, und sie deuten gewöhnliche Gebrauchsgegenstände um, um deren kulturelle, soziale oder utopische Dimensionen sichtbar zu machen.

Die Ausstellung verortet sich bewusst in einem Setting, das einem Wohnbereich verwandt ist– Rückzugsorte, die zugleich Projektionsflächen für gesellschaftliche und politische Fragen sind. Schlaf-, Wohn- oder Badezimmer sind nicht nur Orte der Intimität, sondern Bühnen, auf denen Machtstrukturen und soziale Rollen verhandelt werden.

Die Vorstellung, dass der Privatraum unberührt von gesellschaftlichen Dynamiken existieren kann, wird dabei konsequent verneint. In einer Zeit, in der Online-Communities, Social Media und Messenger die Grenzen zwischen Öffentlichkeit und Privatsphäre zunehmend durchlässig machen, wird deutlich, wie eng selbst unsere intimsten Räume in globale Diskurse eingebunden werden.

Das Private ist politisch, wie der feministische Leitsatz aus den 1960er Jahren betont. Fragen zu Geschlechterrollen, Arbeitsteilung und familiären Strukturen sind nicht isoliert zu betrachten, sondern immer Teil eines umfassenderen Geflechts aus kulturellen Normen und Machtverhältnissen. Ebenso sind unsere Privaträume nicht selten von kolonialen und imperialistischen Narrativen geprägt – sei es durch die Aneignung von Ressourcen, die Marginalisierung alternativer Lebensentwürfe oder die Durchsetzung westlicher Normen als universelle Standards.

Im Spannungsfeld von Tradition und Fortschritt, Vergangenheit und Zukunft, Utopie und Dystopie, entfaltet sich das Narrativ der Schau. Diese Gegensätze spiegeln sich nicht nur in den ausgewählten Werken wider, sondern reflektieren auch die Dynamiken, die unser tägliches Leben prägen. Die Künstler:innen nehmen diese Spannungen auf und verdeutlichen so wie vielschichtig selbst das Gewöhnlichste sein kann. Zwischen Ironie und Poesie, zwischen Dekonstruktion und Reflexion, befragen die Werke den Alltag nicht als neutralen Hintergrund, sondern als aktiven Raum, der uns prägt, während wir ihn zugleich gestalten.

Diese Auseinandersetzung mit dem Gewöhnlichen offenbart die transformative Kraft des Alltäglichen: Es ist kein statisches Gefüge, sondern eine dynamische Sphäre, in der gesellschaftliche Werte und Identitäten fortwährend neu verhandelt werden. Aber wie oft hinterfragen wir bewusst unsere täglichen Routinen, um unsere Perspektiven auf das Gewohnte zu ändern? Wie Roland Barthes formulierte, ist das Alltägliche keine Selbstverständlichkeit, sondern eine stetige Herausforderung, die gelesen, und gedeutet werden will.

Xenia Lesniweski, 2025

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Our daily lives are a weave of routines and rituals—an invisible structure that holds our existence together and becomes perceptible only when disrupted. Yet, the everyday is far more than a collection of habits; it is a political, poetic, and generative space.

Building on this idea, the ordinary should not be seen as mere self-evidence but as an aesthetic and cultural resonance chamber. The objects that fill our living spaces and the gestures and patterns that structure our days are much more than functional necessities. They carry layers of meaning, deeply interwoven with social, cultural, and political structures.

Walls, door handles, scissors, or crumpled bed linens—these artifacts of our everyday existence serve as starting points for an aesthetic and discursive exploration that transcends the obvious. The works reveal the invisible dynamics that shape our relationships with objects and spaces, reinterpreting everyday items to uncover their cultural, social, or utopian dimensions.

The exhibition intentionally situates itself within a setting evocative of domestic spaces—retreats that double as projection screens for societal and political questions. Bedrooms, living rooms, and bathrooms are not simply sites of intimacy but stages where power structures and social roles are enacted and negotiated.

The notion that private spaces exist untouched by societal dynamics is unequivocally challenged. In an age where online communities, social media, and messaging platforms increasingly blur the boundaries between public and private spheres, it becomes evident how deeply even our most intimate spaces are embedded in global discourses.

As the feminist slogan from the 1960s reminds us: “The personal is political.” Questions of gender roles, divisions of labor, and family structures are never isolated but always part of a broader network of cultural norms and power relations. Similarly, our private spaces are often shaped by colonial and imperial narratives—whether through the appropriation of resources, the marginalization of alternative ways of living, or the imposition of Western norms as universal standards.

In the interplay of tradition and progress, past and future, utopia and dystopia, the narrative of this exhibition unfolds. These contrasts are reflected not only in the selected works but also in the dynamics that shape our everyday lives. The artists engage with these tensions, revealing the layers and complexities of even the most ordinary aspects of existence. Moving between irony and poetry, deconstruction and reflection, the works interrogate —not as a neutral backdrop but as an active space that shapes us as we shape it.

This engagement with the ordinary reveals the transformative potential of everyday life: it is not a static framework but a dynamic sphere where societal values and identities are constantly renegotiated. How often, however, do we consciously question our routines to discover new perspectives on the familiar? As Roland Barthes put it, the everyday is not self-evident—it is a constant challenge, demanding to be read and reinterpreted.

Xenia Lesniweski, 2025